Donnerstag, 18. Oktober 2018

SUCHT

Suchtbefallene lösen in uns Ängste aus. Bei Sucht ist eine erste Assoziation: Drogen, Spritzen - Kriminalität, Verwahrlosung. Da ist etwas Beklemmendes, Abschreckendes, Furchterregendes an der Sucht. Es ist auch wie eine Ansteckungsgefahr: Nur ein falscher, unüberlegter Schritt und es erwischt auch mich.

Wir frönen Gesellschaftssüchten, die etabliert sind: einige Tassen Kaffee, paar Gläser Wein, Feierabendbierchen, Zigaretten, Essen, Fernsehen... Mancher ist arbeitssüchtig und er und die Umgebung schätzt das als Tatkraft. Wir sind sehnsüchtig, habsüchtig, eifersüchtig, herrschsüchtig, geltungssüchtig. Uns packt Beziehungs-, Unterhaltungs-, ja sogar Leidens- und Helfersucht.

Im Rahmen meiner Mitarbeit bei der Geschäftsstelle der Landesstelle Sucht NRW haben mich die Drogenkonsumräume zu Beginn unglaublich bedrückt. Es schien mir so viel Gewalt darin zu liegen, sich eine schädigende Substanz selbst zu verabreichen. Ich habe mich bewusst damit konfrontiert, weil es Fragen in mir wachrief, die mich zur Ehrlichkeit aufforderten: Wie und was tue ich mir an: um zu funktionieren, um nicht alleine zu sein, um dazuzugehören, um zu vergessen, um mich abzulenken, um nicht alles zu spüren, um durch den Tag zu kommen, um geliebt zu werden, um Teil zu haben?

Gerade wenn wir von Süchten bei Jugendlichen und Kindern sprechen, stolpern wir zuweilen in pragmatische und doktrinäre Auswüchse und Reglementierungen anstatt uns selbst berührbar zu machen. Wer mit süchtigen Menschen arbeitet, sollte sich seines eigenen Suchtpotentials sehr bewusst sein. "Wir ahnen, dass der Zustand der Sucht (des Suchens) etwas mit uns zu tun haben könnte. Da ist etwas Unheimliches – aber es ist das Unheimliche in uns." [Zitat nach Walther H. Lechler]

Stellen wir uns dem, mutig und offen. Wie sagt W. H. Lechler weiter: Wir sind alle süchtig. Buchtipp: Seele - Sucht - Sehnsucht. Wege zur Klarheit.



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